
Wenn die
Begrifflichkeit und Bedeutung der sprachlichen Ausdrücke von "Freier
Wille"
und
"Selbstbestimmung" weder strikt gleich noch partiell ähnlich noch
konnotativ
abhängig
noch Unterbegriffe eines gemeinsamen Oberbegriffs (Kohyponyme) sind,
dann haben
sie nach der lexikalen Semantik eine Ambiguität im Sinne einer Paraphrase.
(vide:
Wolfgang Prinz, München; Klaus Arntz, Augsburg).
Auf
dieser Basis kann als a-priori-Erfahrung der Begriff des Bewußtseins
eingeführt
werden, um
möglicherweise Erhellung über die Mehrdeutigkeit aus Erkenntnissen
der
Neurobiologie der NCC (neuronale Korrelate des Bewußtseins) zu finden.
(vide:
Christof Koch, Pasadena-Californien).
Ob es sich
dabei nach der Modallogik um eine Unverfügbarkeit des Begriffs wegen der
Wandelbarkeit
der Sichtweise einer a-priori-Erfahrung handeln könnte, ist unerheblich,
solange die
prinzipielle Offenheit der individuellen Weltsicht anerkannt wird.
(vide:
Richard Rorty, Princeton-Stanford-Cambridge; Thomas Metzinger, Mainz).
Außer dem
"Instinktautomatismus" sowie "Autopilot" unserer
alltäglichen Bewegungsabläufe
treffen
wir in organogener (genuin-autochthon) und öko-sozialer (perzeptiv)
Rahmeneinstellung
Entscheidungen,
die physiologisch in den NCC nachweisbare Spuren hinterlassen können, aber dies nicht
zwingend
müssen.
Inwieweit
die sensomotorischen Zombies bei individueller Bewährung in Wechselwirkung
mit
den
zellulären mitochondrialen Strukturen aus der phänotypischen in die
genotypische Matrix
transponiert
werden, ist eine spekulative, aber als Induktionsvorgang einleuchtende
Hypothese
für viele
extrachromosomal gestaltete Prozesse des individuellen Lebens und kollektiven
Überlebens.
(vide: Karl
R.Popper, London; John C.Eccles, Locarno; Jared Diamond, Los Angeles).
Neben der
naturwissenschaftlichen Sichtweise haben Ethik, Religions-,
Gesellschafts-, Literaturwissenschaften,
Impressionismus,
Expressionismus in Kunst, Theologie und andere geisteswissenschaftliche
Ausdrucksformen
ihren Bestand im individuellen Weltbild.
Dabei
ist bei den Einzelnen die singuläre Akzeptanz einer Welt mit Religion ohne
Anerkennung
der
Existenz Gottes oder einer Welt mit dem Glauben an Gott ohne
Religionszugehörigkeit
oder die
Kongruenz beider (dogmatischer Gottesglaube) anzutreffen.
Die Reflexionen der Existenzphilosophie gehen nach Annie Kraus
(1948) auf zwei gegensätzliche Denkströme der Neuzeit zurück - auf S.A. Kierkegaard (B)
und auf F. Nietzsche (A).
(A) Das geschichtliche Dasein des Einzelnen ist innerweltlich - immanent -
und erlaubt ein Sich-Absetzen und Hervorheben von anderen bis zum Tod - dem
Nichts, in dem wieder alle gleich sind: "Ecce homo - Ja! Ich weiß, woher ich
stamme! Ungesättigt, gleich der Flamme, glühe und verzehr' ich mich. Licht wird
alles, was ich fasse, Kohle alles, was ich lasse: Flamme bin ich sicherlich."
(Nietzsche 1882). (B) Nach Kierkegaard geht das Dasein aus einer transzendenten
Ursituation hervor, und das Leben ist ein immanentes Sein zum Tod - der
transzendenten Ewigkeit: "Das Ewige ist, den blauen Bergen gleich, die
Grenze für die Zeitlichkeit, wer aber kraftvoll in der Zeitlichkeit lebt,
gelangt nicht zur Grenze." (Kierkegaard 1844).
Zur Dualität von Leib und Seele gesellt sich heute die Unterscheidung
zwischen Leib und Gehirn. Die Philosophie beruht auf nur einem Vermögen von
vielen Vermögen des Menschen (Hölderlin). Die Integration aller Vermögen des
Menschen zu einem Ganzen läuft über die Gesamtfunktionen des Gehirns. Sie alle als ein Ganzes in Einklang bringen, das All-Eine erfassen zu wollen, wäre irreal und überschritte die Möglichkeit des
Einzelnen: realistisch wäre, sich auf eine Partikularität zu beschränken (Detlef B. Linke,
2005). Und so klagt Nietzsche berechtigt, Darwin habe den Geist vergessen.
Wenn ich meinen freien Willen mit Handeln verbinde, stoße ich an eine vorgegebene Grenze, hinter der eine Macht steht, die Petrus Abaelardus (1121) mit der ersten Person Gottes (omnipotens deus pater) gleichsetzt (vide Trinitätsbegriff in Theologia Summi Boni: Jesus von Nazareth verkörpert die zweite Person Gottes - Weisheit durch Lernen vom Vater, der Hl.Geist schafft aus dem Wissen die Güte). Abaelard wurde 1121 von der Obrigkeit gezwungen, die bis dato nicht diskutierte Schrift der TSB persönlich ins Feuer zu werfen. Er gilt als Wegweiser für eine via moderna; auf seine heute noch aktuellen Schriften dazu (die TSB eingeschlossen) kann zurückgegriffen werden. Die Logos-Theologie findet 200 Jahre später ihre Fortsetzung durch Meister Eckhart von Hochheim; ein Großteil von dessen Schriften hat die gleiche institutionelle Ablehnung (1327) erfahren.
Derzeit (2007) wächst auf dem Nährboden der 'Bewußtseinsforschung' allerlei Unkraut an der via moderna, ausgesät von Vertretern des Naturalismus wie R. Dawkins ('Memplexe') und Sh. Begley ('Neuroplastizität') und der Analytischen Philosophie wie A. Beckermann, D. Perler, M. Wild (Einflußnahme von Verhaltensweisen auf den mentalen und ontologischen Status bei 'Mensch und Tier', philosophische Bestimmung des Art- und Zombie-Begriffs). Das Problem lautet: kann ein "homo seriatim" durch Paradigmenwechsel über das Mittel einer abduktiven Querverbindung verschiedene Denkweisen sinnvoll vernetzen? On dit: Der Vergleich von Ergebnissen verschiedener Forschungsdisziplinen kann für jede Wissenschaft zum Fortschritt führen und eine Problemverschiebung auf eine höhere Stufe der Erkenntnis bzw. des epistemologischen Status einer Wissenschaft bewirken (Imre Lakatos, R. Wahsner). Naturwissenschaft bedeutet Detail-Schau, Philosophie bemüht sich um eine Gesamt-Schau (Prüfung der Bedeutung und Fundierung wissenschaftlicher Resultate). Die Konklusion über 'Animal Cognition' von Sarah T. Boysen (2006) heißt cave artefacta.
Die menschliche Eigentümlichkeit, Meinung und Wissen zu vermischen, vermittelt das Gefühl von der Evidenz einer Erkenntnis, die mit einer objektiven Gewißheit unvereinbar ist (Husserl, Kolakowski). "Was gewiß ist, sind die Inhalte von einzelnen Wahrnehmungen, deren nachträgliche Akkumulation zu einem sogenannten Naturgesetz für das Leben zwar notwendig, logisch jedoch arbiträr ist; ... Empirisches Wissen unterscheidet sich nicht von bedingten Reflexen ... Metaphysische Gewißheit hingegen gibt den Urteilen eine Qualität, die jene nicht nur praktisch zuverlässig, sondern in einem apodiktischen Sinne unerschütterlich macht."(Leszek Kolakowski, 1975)
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